Mehr als die Hälfte (52 Prozent) aller im Zeitraum von Januar bis Juni in deutschen Kinos gestarteten Filme waren illegal im Internet verfügbar (Jan. bis Dez. 2007: 54 Prozent). Dies ergab die von der Zukunft Kino Marketing GmbH aktuell bei der Firma P4M in Auftrag gegebene „Available for Download (AfD)“-Studie für das erste Halbjahr 2008. Im Schnitt tauchten die Raubkopien im ersten Halbjahr 2008 erst 1,9 Tage nach Kinostart in P2P-Netzwerken auf – eine deutliche Verbesserung gegenüber den Ergebnissen der AfD-Studie für das Jahr 2007. Damals waren die von Januar bis Dezember 2007 gestarteten Filme bereits 1,3 Tage vor Kinostart illegal online verfügbar. Laut den aktuellen Halbjahrszahlen wiesen von den ersten Releases im Jahr 2008 63 Prozent eine gute Bild- und 24 Prozent eine gute Tonqualität auf. Diese Zahlen sind Grund genug, weiterhin intensiv gegen die massenhafte illegale Verbreitung von Filmkopien vorzugehen.

Änderung der rechtlichen Situation – Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums

Rechtlich hat es mit dem am 1. September 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums eine Änderung gegeben, die die Stellung der Rechteinhaber beim Kampf gegen die Produktpiraterie verbessern soll. Es sieht unter anderem vor, dass Rechteinhaber im Falle bestimmter Rechtsverletzungen ohne den bisher notwendigen Schritt einer Strafanzeige bei einem Richter einen Beschluss erwirken können, der Internet-Provider zur Auskunft über den Namen des Anschlussinhabers verpflichtet. Auf diese Weise soll ein zivilrechtliches Vorgehen für Rechteinhaber erleichtert werden.

„Das gerade in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums bleibt hinter den Erwartungen und Notwendigkeiten zurück“, urteilt Dr. Matthias Leonardy, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU). Die Verweisung an den Richter lasse nicht die beabsichtigte Entlastung der Justiz oder eine Verfahrensbeschleunigung erwarten, führt Leonardy weiter aus. Auch Formulierungen, wie „gewerbliches Ausmaß“ sei höchst problematisch. Die inhaltliche Klärung dieses unbestimmten Begriffes werde die Gerichte noch Jahre beschäftigen.

Provider stärker einbinden – Der „Deutsche Weg“

Als sinnvolle Ergänzung zu einer straf- oder zivilrechtlichen Ahndung auf Massenebene sprechen sich die Filmwirtschaft und die GVU für die Einführung eines eigenen Modells für eine Kooperation mit Internetprovidern aus. Danach sollen illegale Downloader von den Providern zunächst per Warnmail auf die Rechtswidrigkeit ihres Handelns hingewiesen werden. Im Fall von Wiederholungen drohen stufenweise Sanktionen, wie etwa die Einschränkung der Bandbreite.

Besonderheiten des „Deutschen Modells“

Im Gegensatz zu anderen diskutierten Modellen weist der „Deutsche Weg“ mehrere Besonderheiten auf: So sind Internetprovider in diesem Verfahren nicht dazu angehalten, eigenständig die Netze nach Raubkopien ihrer Kunden zu durchsuchen. Darüber hinaus sieht das deutsche Modell eben keine Aushändigung der Nutzerdaten an die Rechteinhaber vor. Auch werden bei den drohenden Sanktionen für Wiederholungstäter die Spezifika von so genannten „Triple Play“-Angeboten, bei denen Telefon und Fernsehen ebenfalls über den Internetanschluss laufen, berücksichtigt. GVU-Geschäftsführer Leonardy: „Mit diesem ‘Deutschen Weg’ wählen wir einen anderen Ansatz als Frankreich oder Großbritannien: Wir hoffen und erwarten, dass die Internetbranche hierzu mit uns in einen konstruktiven Dialog eintritt und sich damit keine Notwendigkeit für politische Lösungen „von oben“ ergibt. Denn der Schutz des geistigen Eigentums wird, so hoffen wir, weiter auf der politischen Agenda bleiben.“

Wirkungsbereich und Grenzen des „Abgestuften Verfahrens“

Ersten Untersuchungen zufolge übt ein solches abgestuftes Sanktionsverfahren insbesondere auf Jugendliche eine erzieherische Wirkung aus. So zeigt eine Studie des Londoner Unternehmens Entertainment Media Research aus dem Jahr 2007, dass 78 Prozent der befragten männlichen Teenager das illegale Downloaden infolge einer schriftlichen Warnung durch ihren Internetprovider einstellen würden. Auch solche Internetnutzer, die aus Unwissenheit illegal getauscht haben oder deren Anschluss von Dritten für illegale Aktivitäten genutzt wurde, würden beim „abgestuften Verfahren“ erst einmal aufgeklärt, ohne gleich strafrechtlich sanktioniert zu werden.

Kriminelle hingegen – die nach Einschätzung der GVU mit diesem Verfahren ohnehin nicht erreichbar wären – sollen und werden hingegen weiterhin strafrechtlich verfolgt werden. Dazu gehören etwa konspirativ agierende Release-Gruppen-Mitglieder oder auch First Seeder – die Ersteinsteller von Raubkopien in so genannte Tauschbörsen – genauso, wie Wiederholungstäter, bei denen das „Abgestufte Verfahren“ nach dem „Deutschen Weg“ keine Wirkung zeigt. „Das ‚abgestufte Verfahren’ kann nur als sinnvolle Ergänzung zum bestehenden rechtlichen Instrumentarium verstanden werden“, verdeutlicht Dr. Matthias Leonardy abschließend.