Der Hightech-Verband BITKOM fordert zum „Tag des geistigen Eigentums“ eine gesellschaftliche Neubewertung von Produktpiraterie. Der Aktionstag wird morgen in Berlin begangen. „Wer raubkopiert und Waren fälscht, schädigt nicht nur Künstler und Unternehmen“, sagte BITKOM-Präsidiumsmitglied Volker Smid. „Produktpiraten und Raubkopierer bewirken, dass sich Kreativität langfristig nicht mehr lohnt, und bedrohen so Arbeitsplätze und kulturelle Vielfalt.“ Geistige Leistungen müssten für Erfinder und Künstler auch finanziell attraktiv sein. „Wenn es nicht gelingt, ein stärkeres Rechtsbewusstsein zu schaffen, verlieren wir alle – denn dann verarmt das Kultur- und Medienangebot. Auch im Web kann nicht alles gratis sein.“ Ziel müsse sein, einen breiten Konsens in Deutschland zu finden. „Für diese gesellschaftliche Bewusstseinsbildung brauchen wir die Unterstützung der Politik.“

Vor diesem Hintergrund kritisiert der BITKOM, dass es in Strafverfahren wegen Produktpiraterie künftig keine Nebenklage der Rechteinhaber mehr geben soll. So sieht es ein Entwurf des so genannten 2. Opferrechtsreformgesetzes vor. „Vor allem in schweren Fällen von Piraterie hilft es, wenn sich die betroffenen Rechteinhaber dem Prozess anschließen und so die Staatsanwaltschaft mit ihrer Fachkenntnis unterstützen können“, so Smid. „Die Nebenklage ist ein wichtiges Instrument zum Schutz geistigen Eigentums. Darauf dürfen wir nicht leichtfertig verzichten.“

Der BITKOM gibt einen Überblick über Piraterie-Folgen:

Urheber- und Markenrechte
Geistiges Eigentum ist zunehmend bedroht – das legt die derzeit aktuellste Kriminalstatistik zum Jahr 2007 nahe. Bundesweit ermittelte die Polizei in mehr als 32.000 Fällen wegen Urheber- und Markenrechts- sowie Patentverletzungen – über 50 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Aufklärungsquote ist ebenfalls weiter gestiegen und liegt bei 95 Prozent. Dies ist verglichen mit anderen Delikten ein herausragender Wert.

Software
Etwa jedes vierte Computerprogramm (27 Prozent) wird in Deutschland illegal eingesetzt – als Raubkopie oder ohne gültige Lizenz. Dadurch entstand den rechtmäßigen Anbietern im Jahr 2007 ein jährlicher Schaden von 1,3 Milliarden Euro. Wäre die Piraterie-Quote nur 10 Prozentpunkte niedriger, könnte es einer Studie zufolge über 12.000 Jobs zusätzlich geben. Die Polizei registrierte 2007 rund 55 Prozent mehr Fälle von privater Software-Piraterie, zum Beispiel bei Computerspielen. Die Zahl der offiziell erfassten Straftaten stieg damit auf annähernd 3.000. Beim gewerbsmäßigen Handel mit raubkopierter Software ging dagegen die Zahl der bekannten Fälle um 40 Prozent zurück auf 437. Deutsche Unternehmen, die Software ohne gültige Lizenz eingesetzt haben, mussten nach Branchenangaben im vergangenen Jahr rund 1,6 Millionen Euro an Schadenersatz und nachträglichen Lizenzgebühren zahlen. EU-weit liegt dieser Wert bei fast 12 Millionen Euro.

Musik
Piraterie im Internet macht der Musikindustrie zu schaffen. Auf einen legalen Download kamen im Jahr 2008 nach Branchenangaben acht illegale. Hier ist ein Fortschritt erkennbar – im Vorjahr war das Verhältnis noch 1:10. Legale Downloads liegen im Trend. Der deutsche Markt für Musik-Downloads auf PCs ist 2008 um ein Drittel auf 80 Millionen Euro gewachsen – auch dank sinkender Preise. Jeder vierte Internetnutzer lädt sich Songs herunter oder bestellt im Web Musik-CDs und -DVDs.

Filme
Mehr als die Hälfte der Filme, die im ersten Halbjahr 2008 in deutschen Kinos starteten, waren illegal im Internet verfügbar. Der Filmbranche entstehen durch Piraterie beträchtliche Verluste. Eine Studie der Universität Weimar beziffert den Schaden auf jährlich rund 200 Millionen Euro. Die Zahl der Kinobesuche könnte um bis zu 13 Prozent steigen, wenn es keine illegalen Kopien gäbe. Ähnlich sieht es der Studie zufolge im DVD-Geschäft aus. Bis zu 11 Prozent mehr Filme könnten verliehen und 15 Prozent mehr verkauft werden, wenn keine Raubkopien im Umlauf wären. Jedes vierte urheberrechtliche Strafverfahren unter Beteiligung der Antipiraterie-Organisation GVU endete 2008 mit einer Verurteilung. Aber auch wenn ein Prozess formal eingestellt wird, ist oft eine Geldbuße fällig.

Markenware
Nicht nur Software und digitale Kulturgüter sind im Visier von Piraten. Zunehmend werden Geräte und Zubehörteile imitiert. So hat der Zoll im Jahr 2008 gefälschte Computer im Wert von fast 6 Millionen Euro sichergestellt – 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Beamten beschlagnahmten im vergangenen Jahr zudem nachgemachte Elektrogeräte im Wert von 61 Millionen Euro. Das ist ebenfalls eine Steigerung um die Hälfte. Noch erheblich stärker nahm der Wert der beschlagnahmten Datenträger und Software zu – von 5 auf 24 Millionen Euro.

Zur Statistik: Die Angaben basieren auf Informationen von: BITKOM, Bundesfinanzministerium, Bundesinnenministerium, Bundesverband Musikindustrie, Business Software Alliance, Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), GfK und IDC.