Es ist das Superwahljahr 2009. Volkes Stimme ist gefragt wie selten zuvor: Kommunalwahlen, Landtagswahlen, die Europawahl und die bevorstehende Bundestagswahl Ende September – ein Termin jagt den nächsten. Wer aber oft in den Wahllokalen fehlt, sind die Jungwähler. Hat die junge Generation einfach keine Lust mehr auf Politik?

Die Berufsbildende Schule Wirtschaft 2 in Ludwigshafen hat derzeit etwa 1 800 Schülerinnen und Schüler. Neben Betriebswirtschaft und Rechnungswesen soll den jungen Erwachsenen ganz nebenbei gelehrt werden, wie sie mündige Bürger werden. Thomas Schwörer ist Sozialkundelehrer an der Schule und sieht sich jeden Tag mit den Schwierigkeiten konfrontiert, die politische Bildung mit sich bringt. Entgegen der landläufigen Meinung ist er, der jeden Tag mit Jugendlichen zu tun hat, nicht der Meinung, dass die junge Generation generell kein Interesse an Politik habe. So sagt er über seine Schüler: „Sie sind nicht politikverdrossen, können aber mit Parteien wenig und mit deren programmatischen Inhalten so gut wie gar nichts anfangen.“

Politikerverdrossenheit statt Politikverdrossenheit?

Undurchsichtige Wahlprogramme, unklare Positionierungen und falsche Versprechen – sind dies also die Gründe, weshalb den Parteien mitunter auch die jungen Wähler davonlaufen? Professor Dr. Mathias Albert, Politikwissenschaftler an der Universität Bielefeld, glaubt, dass viele junge Menschen sich von der Parteipolitik schlichtweg nicht verstanden fühlen. Als einer der Autoren der aktuellen Shell Jugendstudie, die sich mit Meinungen und Einstellungen Jugendlicher beschäftigt, fand er heraus, dass das Interesse Jugendlicher an Politik generell niedrig ist. Lediglich 39 Prozent der Befragten zwischen 12 und 25 Jahren gaben an, politisch interessiert zu sein. In einer früheren Untersuchung waren es sogar nur 34 Prozent.
Gesellschaftspolitisch statt parteipolitisch?

Mangelndes Engagement jedoch kann man der jungen Generation nicht vorwerfen. Vielmehr beziehen Jugendliche von heute politisches Interesse nicht mehr nur auf Parteien. Politik wird hier umfassender – gesellschaftspolitisch – verstanden. Insbesondere im sozialen Umfeld, bei gemeinnützigen Organisationen und Initiativen, bei denen sie das Gefühl hätten, etwas zu bewegen, sei das Interesse junger Menschen ungebrochen groß, so der Sozialwissenschaftler. Er hält die viel diskutierte Absenkung des Wahlalters für eine gute Möglichkeit, um Parteipolitik auch für Jüngere wieder attraktiver zu machen: „Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Absenkung des Wahlalters einen kleinen, aber signifikanten Effekt auslösen könnte, indem es die Politik zwingen würde, auch die Interessen der jungen Leute wieder verstärkt zu berücksichtigen.“

Moderne Vermittlung von Politik

Doch nicht nur die Politik ist gefragt. Auch Lehrer wie Thomas Schwörer tun alles, um die bundesdeutsche Politik den Schülern wieder näherzubringen. Neben der reinen Wissensvermittlung aus Lehrbüchern, die Fragen wie „Demokratie heute – was können die Bürger bewegen?“oder „Wie wirkt die Globalisierung auf die Arbeitswelt?“behandeln, wird vor allem auf die persönliche Meinung Wert gelegt: „Zu Beginn jeder Doppelstunde Sozialkunde wird ein aktuelles politisches Thema thematisiert: ´Soll der Staat Opel helfen?` oder ´Wie und wen wählen die US-Amerikaner?` Die Themen kommen meistens aus der Mitte der Schüler. Aus diesem Grund erwarte ich von meinen Schülern, dass sie sich zumindest grundlegend in den Nachrichtensendungen über das politische Geschehen informieren“, berichtet Thomas Schwörer. „Des Weiteren gebe ich ab und an auch meine persönliche Sichtweise zu erkennen. Ich achte jedoch sehr darauf, meine eigene Meinung deutlichst als solche kenntlich zu machen, nicht zu suggerieren, was richtig und was falsch ist, und dass es selbstredend auch andere Meinungen zum gleichen Thema gibt. Nichts ist schlimmer als ein Sozialkundelehrer, der seine fachliche Überlegenheit dazu missbraucht, seine Meinung als die einzig richtige erscheinen zu lassen! Durch diese gewisse Authentizität versuche ich, die Schüler zu einer eigenen Meinung zu bewegen und zum Mitdiskutieren zu ermuntern. Mein Credo lautet: Lieber eine vermeintlich falsche Meinung als gar keine! Politik lebt vom Mitmachen, nicht vom Achselzucken.“

Eltern obliegt Schlüsselrolle

Die Schule ist eine wichtige Größe in der Ausbildung einer politischen Persönlichkeit bei jungen Menschen. So können Veranstaltungen an Schulen, bei denen Politiker mit jungen Menschen über aktuelle Themen wie etwa das Bildungswesen in Deutschland diskutieren, anregend und für beide Seiten lohnend sein. Die Schlüsselrolle in der politischen Erziehung jedoch obliege den Eltern, meint Thomas Schwörer: „Politisch eher uninteressierte Eltern produzieren auch viel eher unpolitische Jugendliche. Wer dagegen zu Hause Mama oder Papa mit der Zeitung in der Hand oder bei den Nachrichten vor dem Fernseher sitzen sieht, wird neugierig gemacht.“
Kompakt

Das Interesse Jugendlicher an Politik ist niedrig. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle 15. Shell Jugendstudie. Lediglich 39 Prozent der Befragten zwischen 12 und 25 Jahren gaben an, politisch interessiert zu sein. In einer früheren Untersuchung waren es sogar nur 34 Prozent gewesen. Schule und Elternhaus können hier gezielt gegensteuern.

3 thoughts on “Jugendliche: Null Bock auf Politik?

  1. Ich finde das es in der heutigen Zeit kein Wunder ist das sich die Jugend eher weniger bis gar nicht für die Politik interessiert.
    Die Politik kommt leider zum größten Teil „verlogen“ und „falsch“ rüber. Versprechen werden gemacht an die sich niemand hält.
    Wie soll die Jugend Politischen Einsatz zeigen wenn die Politik eine Sache ist bei der selbst die Erwachsenen mit dem Kopf schütteln ? „Eltern spielen die Schlüsselrolle“…. Meiner Meinung nach obliegt den Eltern die große und wichtige Pflicht ihnen zu vermitteln das wenn sie sich für die Politik interessieren sollten alles 2-3 mal hinterfragt und nachgeforscht werden sollte damit man ( wenn man glück hat ) wenige halbwarheiten erlangt die einem warscheinlich nicht wirklich weiter helfen werden.

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