In Deutschland liest jeder Vierte niemals ein Buch. Das belegt die aktuelle Studie „Lesen in Deutschland 2008“, der Stiftung Lesen, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), die heute veröffentlicht wurde. Ãœber 2.500 Jugendliche und Erwachsene wurden bei dieser umfangreichsten Lesestudie seit dem Jahr 2000 repräsentativ befragt. Einen besonderen Fokus legte die Studie auf Menschen mit Migrationshintergrund – und kam zu einem bemerkenswerten Ergebnis: 36 Prozent von ihnen lesen ein- oder mehrmals in der Woche und 11 Prozent sogar täglich. Damit greifen sie mindestens ebenso häufig zum Buch wie der Bevölkerungsdurchschnitt mit 36 Prozent wöchentlichen bzw. 8 Prozent täglichen Lesern.

„Deutsch sprechende Migranten bilden eine neue Lese-Mittelschicht – mit großem bildungspolitischen Potenzial“, lautet das Fazit von Andreas Storm, Parlamentarischer Staatssekretär für Bildung und Forschung: „Ihre Mitglieder sind wichtige Multiplikatoren, um bildungsferne Schichten zu erreichen. Und sie belegen, dass die Vermittlung von Sprachkompetenz der Schlüssel für erfolgreiche Leseförderung ist.“

Von diesem Phänomen abgesehen, dokumentiere die Studie das generelle „Verschwinden des klassischen Gelegenheitslesers mit einem bis vier gelesenen Büchern im Monat“, erklärte Professor Dr. Stefan Aufenanger für die Stiftung Lesen: „Der Vergleich mit den Vorgängerstudien der Stiftung Lesen 1992 und 2000 zeigt, dass der harte Kern der Viel-Leser von mehr als 50 Büchern pro Jahr mit rund 3 Prozent stets gleich bleibt. Die Gelegenheitsleser verzeichnen allein in den vergangenen acht Jahren einen Schwund von 31 Prozent auf 25 Prozent.“ Darüber hinaus belegt die Studie das Fehlen eines besonders wichtigen Leseimpulses: 45 Prozent der 14- bis 19-Jährigen erklären, dass sie als Kind nie ein Buch geschenkt bekamen.

Die Vision vom „Bildschirm-Lesen als Zerstörer der Lesekultur“ trifft laut Studie nicht zu: „Lesen am Bildschirm ist im Alltag angekommen – dennoch möchte die Mehrheit nicht auf gedruckte Bücher verzichten.“ Was schätzen die Leser an den Printmedien? „Gedrucktes wird weiterhin als besonders glaubwürdig empfunden. Und es bietet offenbar mehr Orientierungshilfe: 20 Prozent beklagen, dass sie sich beim Lesen am Bildschirm verzetteln.“

„Lesen in Deutschland 2008“ zufolge prägen 6 „Lese-Typen“ die deutsche Leselandschaft: Zu den „Leseabstinenten“ zählen 25 Prozent – für sie ist Lesen mühevoll. 24 Prozent haben als „Lesefreunde“ eine hohe emotionale Wertschätzung des Lese-Erlebnisses. 20 Prozent sind „informationsaffine“ Leser. 12 Prozent zählen zu den sowohl Computern als auch einem „schön gestalteten Buch“ gegenüber aufgeschlossenen „Vielmediennutzern“ – 11 Prozent ziehen als „elektronikaffine Mediennutzern“, Computer gegenüber Büchern vor. 8 Prozent sind „Medienabstinente“: Sie halten alle Medien für „Ballast“.

Eine Dokumentation zahlreicher Ergebnisse ist bei der Stiftung Lesen zum Download abrufbar: www.StiftungLesen.de