Die Tagung befasst sich im Schwerpunkt mit den Medien Film und Computerspiele in den verschiedenen Verbreitungsformen sowie mit dem Internet. Nach einer Bestandsaufnahme des gesetzlichen Jugendmedienschutzes stellen die Kommission für Jugendmedienschutz, die Obersten Landesjugendbehörden sowie die Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle ihre Arbeitsweise vor. Die Teilnehmenden haben im Rahmen der Tagung ferner die Möglichkeit, sich mit den jeweiligen Referentinnen und Referenten in unterschiedlichen Arbeitsgruppen über Praxiserfahrungen und Zukunftsperspektiven auszutauschen.

Grußwort

anlässlich der Jahrestagung „Gegenwart und Zukunft des gesetzlichen Jugendmedienschutzes“ der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) vom 26.03. – 28.03.2007 in Freiburg im Breisgau.

Sehr geehrte Frau Monssen-Engberding,
sehr geehrte Damen und Herren,

den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der diesjährigen Jahrestagung der Bundesprüfstelle in Freiburg im Breisgau übermittle ich hiermit meine herzlichsten Grüße.

Die Bundesregierung sieht die Förderung und Unterstützung sowie den Schutz von Kindern und Jugendlichen als zentralen Bereich ihres Handelns an. Hierbei geht es um nicht weniger als die Zukunft unserer Gesellschaft und die Chancen für unser Land.

Jugendschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die gerade heute bei fortschreitenden technischen Möglichkeiten hohe Anforderungen an uns alle stellt. Kinder und Jugendliche müssen natürlich vor Verwahrlosung und Misshandlung, mit gleichem Nachdruck aber auch vor problematischen Medieninhalten geschützt werden. Letztere können ihre Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten beeinträchtigen oder sogar gefährden. Ein Kernbereich der Aufgaben der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ist es, die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch die Mediennutzung zu verhindern.

Die Medienwelt und die vielfältigen von ihr ausgehenden Wirkungen erfordern differenzierte gesetzliche Regelungen, die der Gesetzgeber der Bundesprüfstelle bereits seit dem Jahre 1953 an die Hand gibt. Die Indizierung jugendgefährdender Medien unterstützt Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung, Kinder und Jugendliche vor diesen Wirkungen zu schützen. Die Maßnahmen des gesetzlichen Jugendmedienschutzes können nur dann umfassend greifen, wenn Eltern, Erziehende und Lehrende im Rahmen des pädagogischen Jugendmedienschutzes zusätzlich die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen entwickeln und stärken.

Die gesamten dem gesetzlichen Auftrag des Jugendschutzes zugrunde liegenden Vorschriften werden zur Zeit im Auftrag des Bundesfamilienministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Länder vom Hans-Bredow-Institut in Hamburg evaluiert. Erste Ergebnisse im Bereich des Internets werden im Juni vorliegen.

Neben der Evaluierung der gesetzlichen Normen konnte mit den Ländern gemeinsam ein weiterer Weg gefunden werden, den Medienschutz noch sicherer zu machen. Ein Sofortprogramm zum wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor extrem gewalthaltigen Medien, wie sie beispielsweise im Bereich der Computerspiele immer wieder vorkommen, wird erste Gesetzesänderungen herbeiführen.

Das Sofortprogramm zum Schutz vor Gewalt in Medien besteht aus vier Säulen: Einer Verschärfung des Jugendschutzgesetzes, einer Verbesserung des gesetzlichen Vollzugs, der Qualitätssicherung der Jugendschutzentscheidungen und vermehrter Kommunikation mit Eltern, Lehrenden, Händlern und Händlerinnen und internationalen Fachleuten.

Unter das Tatbestandsmerkmal „von Gewalt beherrscht“ zu subsumierende Computerspiele, Videos oder DVDs werden zukünftig durch das Jugendschutzgesetz automatisch dem Zugriff von Kindern und Jugendlichen entzogen werden, ohne dass diese Medien zuvor ein Indizierungsverfahren durchlaufen müssen und es einer Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Medien bedarf. In Zukunft werden daher die Indizierungsfolgen des § 15 Abs. 1 JuSchG auch unterhalb der Schwelle der Verwirklichung des Tatbestands des § 131 StGB qua Gesetz gelten.

Ein „von Gewalt beherrschtes“ Trägermedium ist dann automatisch mit einem weit reichenden Abgabe- und Werbeverbot belegt und darf nur in gesonderten Geschäften und an Erwachsene verkauft werden. Dies ist als ein klares Signal des Gesetzgebers an Hersteller und Händler gedacht, dass diese Medien nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen gehören. Die Strafbarkeit von Zuwiderhandlungen wird nachdrücklich verdeutlicht.

Die für eine Indizierung entscheidende Rechtsnorm, der § 18 Abs. 1 JuSchG, zählt in der derzeit geltenden Fassung vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Inhalte zu den jugendgefährdenden Medien. Zukünftig werden im Gesetz ausdrücklich weitere, bereits jetzt von der Spruchpraxis der Bundesprüfstelle umfasste Kriterien als Tatbestandsmerkmale festgeschrieben.

So wird im Bereich der Computerspiele die durch Belohnungen (‚Leben sammeln‘ oder Erreichen eines weiteren Levels) honorierte deutlich visualisierte Gewaltanwendung in das Gesetz aufgenommen. Auch die detaillierte mediale Darstellung von Mord- oder Metzelszenen wird zum Tatbestandsmerkmal der Norm.

Zur Verbesserung des gesetzlichen Vollzugs wird die Größe der Alterskennzeichen der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) auf den Verpackungen der Bildträger gesetzlich festgelegt (§ 12 Abs. 2 JuSchG). Sie sollen so plakativ wirken wie die Hinweise zu Gesundheitsgefahren auf Zigarettenpackungen. Derzeit müssen Alterskennzeichen vielfach praktisch mit der Lupe gesucht werden und helfen somit nicht weiter.

Auch werden Testkäufe durch die zuständigen Behörden mittels einer Entsendung von Kindern und Jugendlichen ausdrücklich gesetzlich zugelassen und der § 28 Abs. 4 JuSchG entsprechend geändert. Eine Initiative zur Umrüstung von Kassensystemen wird dem Verkaufspersonal der Händlerinnen und Händler zukünftig die Einhaltung der jugendschutzrechtlichen Abgabeverbote erleichtern. Dies ist durch akustische oder optische Warnhinweise erreichbar.

Zur Qualitätssicherung der Jugendschutzentscheidungen hat der Familienminister in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, der die Belange der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) federführend regelt, ein transparenteres und effektiveres Verfahren bei der Vergabe der Alterskennzeichen bei Computerspielen in Aussicht gestellt. Dabei sollen die Länder und auch Vertreter der Bundesprüfstelle die USK in ihren Aufgaben personell unterstützen.

Notwendig erscheint insbesondere eine konkretere Fassung der Kriterien für die Vergabe der einzelnen Alterskennzeichen durch die Selbstkontrollorganisationen, auch unter Beachtung von und in Abgrenzung zu den Indizierungskriterien der Bundesprüfstelle.
Die USK wird eine offensive Informationspolitik zu ihren Entscheidungen starten.

Im Rahmen einer Initiative der Jugendministerkonferenz, Kulturministerkonferenz und des Bundesfamilienministeriums für einen „Tag des Jugendmedienschutzes“ im Zusammenhang mit einer „Woche des Jugendschutzes“ gemeinsam mit den Kommunen wird eine verstärkte Thematisierung des Jugendmedienschutzes im Schulunterricht angestrebt.

Die Beratungsangebote für Eltern durch Wirtschaft, Länder und Bund werden verbessert und die Servicetelefone von USK und BPjM ausgebaut.

Das Ziel einer Europäischen Fachkonferenz unter dem Titel „Quo Vadis Jugendmedienschutz?“ ist es, Eckpunkte für die Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens zwischen Schutzerfordernis, Selbstbestimmung und internationalen Regelungen zu definieren.

Der Jugendmedienschutz wird durch diese optimierten Kommunikationsmaßnahmen aller Betroffenen auf einen sehr guten Weg gebracht werden können. Die umfassenden Maßnahmen des Sofortprogramms werden insgesamt dazu beitragen, gemeinsam mit allen Beteiligten dem Ziel, mehr Toleranz und gegenseitige Rücksichtnahme in der Gesellschaft zu erreichen, näher zu kommen. Das Maß der Gewaltdarstellungen in den verschiedenen Bereichen der Medien wird wirkungsvoll abgesenkt werden können.

Allen, die sich diesem Ziel, sei es beruflich oder in ehrenamtlicher Tätigkeit, verschrieben haben, danke ich hiermit für ihr unermüdliches Engagement. Ganz besonders richtet sich mein Dank an die ehrenamtlichen Beisitzerinnen und Beisitzer der Bundesprüfstelle, die mit ihrem Einsatz unserer Gesellschaft in vorbildlicher Weise ihre Dienste zur Verfügung stellen.

Ihnen allen wünsche ich auf dieser Tagung mit ihren wichtigen, in die Zukunft weisenden Inhalten interessante Gespräche, fruchtbare Diskussionen und eine überaus erfolgreiche Veranstaltung.

Ursula von der Leyen
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend