Über 280 Teilnehmer füllten am ersten Tage der All-Media-Konferenz Frankfurt StoryDrive die Veranstaltungsräume im futuristischen Open Space-Areal auf dem Freigelände der Frankfurter Buchmesse. Unter dem Motto „Storytelling & Storyselling“ diskutieren am 12. und 13. Oktober fünfzig Experten aus Film, Games, Buch und Musik in rund 30 Veranstaltungen Szenarien für die Zukunft der Medienbranche.

“Wir haben in diesem Jahr sehr praxisorientierte Angebote gemacht und mit den Master Classes ein neues Veranstaltungsformat integriert. Das hat für sehr gute Resonanz  bei den Konferenzteilnehmern gesorgt”, sagt StoryDrive-Leiterin Britta Friedrich.
Prägend für den ersten Konferenztag war der Versuch, das “A-B-C” des modernen Storytellings auszumachen. Der Frage, wie Geschichten morgen und übermorgen erzählt – und verkauft – werden, stellten sich in der Eröffnungssession unter anderem  Alexander Fernandez von Streamline Studios und Filmproduzent Christian Halsey Solomon aus den USA.  Quintessenz Nr 1: Die Qualität der Geschichte bleibt der wichtigste Erfolgsmaßstab. Quintessenz Nr.2: Für das Marketing ist Interaktion ein Schlüssel in der modernen Medienprojektion. Es gelte immer mehr, die Bedürfnisse der angesprochen Zielgruppen einzubeziehen. “Im Grunde geht es darum”, so Alexander Fernandez, “die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu gewinnen und ihn zu veranlassen, sich zu engagieren.” Beide Experten forderten Autoren, die den gesamten Prozess der plattformübergreifenden Arbeit verstehen würden. Noch einmal Fernandez: “Transmedia-Writer brauchen Kenntnisse über die produktionstechnischen, finanziellen und technologischen Hintergrunde  transmedialer Projekte.”

(K)eine Überraschung: Gamer lesen

Umgekehrte Vorzeichen: Der Verwandlung spannender Games in spannende Bücher hat sich der Panini Verlag aus Stuttgart auf die Fahnen geschrieben. Seit 2001 veröffentlicht der Verlag Bücher zu erfolgreichen Computerspielen wie Resident Evil oder Star Wars. “Das ist kein Merchandising”, unterstreicht Panini-Chefredakteur Jo Löffler in der Veranstaltung “Pimp my Story. Mr. Book trifft Mr. Game”.  “Unsere Bücher sind Teil des Gamesbusiness und entstehen in engster Zusammenarbeit mit den Spieleentwicklern.” Löffler sieht umgekehrt großes Potenzial in der Adaption auch klassischer Literatur durch die Gamesindustrie. Die technologische und optische Qualität sei ausgereizt, so dass gute Stories für den Erfolg eines Videogames immer wichtiger würden. Interessanter Aspekt am Rande: Noch erreicht der Verlag mit den gedruckten Game-Abenteuern nur die Computerspiel-Communitiy . “Unsere Leser sind zu 100 Prozent Gamer”, so Jo Löffler.

Auf Augenhöhe – Chris Hülsbeck zu Gast

Mit Chris Hülsbeck war einer der Pioniere und wichtigsten Komponisten der Computerspielemusik zu Gast auf der Konferenz. In der Talkrunde “Hier spielt die Musik: No music, no Business“ vermittelte er Einblicke in seine Arbeit als Komponist. “Musik für Computerspiele ist heute auf Augenhöhe mit Hollywood”, sagt Hülsbeck. Musik nehme eine zentrale Rolle für Storytelling und Gamedesign in Computerspielen ein. Für die nahe Zukunft wünscht sich Hülsbeck, dass auch der Soundtrack für Spiele interaktiver wird. „Die Musik soll den Spieler dann entsprechend seiner Aktionen in Echtzeit begleiten“.

Transmedia – Fiktion oder Wirklichkeit

“Wir sind alle transmedial”, verkündete der Autor Martin Ganteföhr in der  Diskussionsrunde zum Thema “Transmedia Storytelling: Puzzle für Fortgeschrittene. Der postmoderne Mensch bewege sich in den verschiedensten medialen Sphären. Darauf müsse sich auch das Geschichtenschreiben einstellen. Lizenzproduktionen oder Adaptionen in andere Mediensegmente sind für  Ganteföhr aber lediglich crossmediale Projekte. “Transmedialität ist keine Marketingkategorie und bedeutet nicht Maximierung des Ertrages über eine Verlängerung der Wertschöpfungskette“, so der Interactive Writer.  Transmedia sei vielmehr die Kunst, Elemente aus den verschiedenen Medienzweigen zu kombinieren, um neue Inhalten und Geschichten zu kreieren. Eine Sichtweise, der sich auch Rupert Ochsner, Games Director von Beta Film, anschloss. Er stellte das erste transmediale Projekt seines Hauses vor – die Fernsehserie “Borgia” (ab 17. Oktober im ZDF zu sehen). In Kooperation mit dem Entwickler Deadalic wurde parallel ein Computerspiel entwickelt. “Allerdings war uns wichtig, dass wir mit dem Game ein eigenständiges Produkt entwickelt haben. Wir haben neue Inhalte und Charaktere geschaffen, so dass das Spiel auch unabhängig von der Serie funktioniert“, erklärte Ochsner.