Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) beurteilt jugendschutzrelevante Angebote in Rundfunk- und Telemedien – eine Aufgabe, die in der konvergenten und digitalen Medienwelt immer wichtiger wird. „Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Jugendschutzes bei zentralen gesellschaftspolitischen Wertefragen möchte die KJM die Transparenz ihrer Arbeit weiter verstärken. Deshalb informieren wir ab jetzt quartalsweise über jugendschutzrechtliche Verstöße in Rundfunk und Telemedien“, so Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, Vorsitzender der KJM.

Es ist dabei nicht nur auf die aufwendigen Prüfverfahren, sondern auch auf Gründe der Rechtsstaatlichkeit (etwa wegen des von den Anbietern beschrittenen Rechtswegs) zurückzuführen, dass sich die Verstöße zum Teil auf bereits vor längerer Zeit ausgestrahlte Sendungen beziehen.

Ein Großteil der Rundfunk-Verstöße hat im zweiten Quartal 2009 sexuelle Inhalte aufgewiesen. Darunter waren zwei sogenannte „unzulässige Angebote“ (§ 4 JMStV). Der Erotik-Clip „Actiongirls.com (Vol.7)“ (DSF, Nachtprogramm) zeigte im frei empfangbaren Fernsehen frauenfeindliche und degradierende Darstellungen von Frauen, die offensichtlich auf männlichen Herrschafts- und Unterwerfungsphantasien basierten. Und die Call-In Show „Fun Night“ (Super RTL, Nachtprogramm) verharmloste oder leugnete eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung.

Sogenannte „entwicklungsbeeinträchtigende Angebote“ (§ 5 JMStV) dagegen dürfen laufen, solange die Anbieter – im TV mittels Zeitgrenzen und im Internet mittels technischer Mittel – sicherstellen, dass sie Kinder und Jugendliche üblicherweise nicht sehen können. Fälle mit Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige (= 22 Uhr TV-Sendezeitgrenze):

•     Ein Beitrag über Tabledance innerhalb des Magazins „Männer TV“ (DSF, Tagesprogramm),
•     der Spielfilm „Eine wie keiner“ (Pro Sieben, Hauptabendprogramm), der durch eine derb-zotige und sexualbetonte Sprache geprägt ist,
•     ein Beitrag zum Thema Pädophilie im Magazin „SAM“ (Pro Sieben, Tagesprogramm), der eine pornografische Szene enthielt, sowie
•     eine Folge des Reality TV-Formats „U 20 – Deutschland Deine Teenies“ (Pro Sieben, Tagesprogramm), die die Schönheitsoperation eines 16-jährigen Mädchens zum Thema hatte, Risiken und Nebenwirkungen aber nicht thematisierte.

Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 12-Jährige (= 20 Uhr TV-Sendezeitgrenze) stellte die KJM im zweiten Quartal 2009 etwa in folgenden Fällen fest:

•     Bei einer Folge des Reality TV-Formats „Deine Chance! 3 Bewerber 1 Job“ (Pro Sieben, Tagesprogramm) zum Thema „Tabledance“, sowie
•     bei einer Folge des Magazins „talk talk talk fun“ (Pro Sieben, Vorabendprogramm), in der Themen wie Sex, Geschlechtsverkehr und Fremdgehen in einer Weise behandelt werden, die Kinder überfordert.

Ein Verstoß gegen den JMStV betraf den Jugendschutz in der Werbung und im Teleshopping (§ 6 JMStV): Ein Werbespot für einen „Schnuffel-Klingelton“ (RTL 2, Tagesprogramm) enthielt einen direkten Kaufappell an Kinder.
Im Bereich der Telemedien ist die Jugendschutzrelevanz der Inhalte meist ungleich höher als im Fernsehen. Weil sie zudem nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern in der Mehrzahl über einen längeren Zeitraum online sind, berichtet die KJM über die Telemedien-Verstöße nur anonymisiert:

•     Ein Großteil der Verstöße betrifft Angebote einfacher Pornografie.
•     Zwei Angebote stellen aufgrund von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten einen Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV dar: In einem Fall handelt es sich um eine sogenannte „Fun-Site“, im anderen Fall werden sexuelle Inhalte über Satellit verbreitet.
•     Ein Internetangebot, das historisch belegte Tatsachen leugnet, war bereits vor Prüfung der KJM von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) indiziert worden.

Bei neun Angeboten konnte das Verfahren eingestellt werden – weil sie in der jugendschutzrelevanten Form nicht mehr im Netz standen.

In allen Rundfunk- und Telemedienfällen hat die KJM – je nach Art und Schwere des Verstoßes – Beanstandungen, Untersagungen oder Bußgelder beschlossen. Die entsprechenden Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeiten-Verfahren führen die jeweils zuständigen Landesmedienanstalten durch.

Zudem hat die KJM in mehr als 50 Fällen eine Stellungnahme zu Indizierungsanträgen der BPjM abgegeben. Die überwiegende Zahl der Angebote, bei denen der KJM-Vorsitzende eine Indizierung durch die BPjM befürwortete, ist der einfachen Pornografie zuzuordnen. Bei zwei Angeboten wurde eine Indizierung abgelehnt.

Schließlich hat die KJM in gut 30 Fällen selbst einen Antrag auf Indizierung eines Telemediums bei der BPjM gestellt. Die Anträge bezogen sich zum Großteil auf rechtsextremistische und pornografische Angebote zumeist ausländischer Anbieter.

Insgesamt hat sich die KJM seit ihrer Gründung im April 2003 mit rund 3200 Fällen aus dem Bereich Rundfunk (650) und Telemedien (2550) befasst.

Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat sich am 2. April 2003 konstituiert. Sie nimmt gemäß dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) die Aufsicht über Rundfunk und Telemedien (v.a. Internet) wahr. Mitglieder sind sechs Direktoren der Landesmedienanstalten, vier von den Ländern und zwei vom Bund benannte Sachverständige.