Das wichtigste Treffen der digitalen Community in Europa findet vom 1. Mai bis 4. Mai 2007 im Stuttgarter Haus der Wirtschaft statt. Gut 300 Vorträge, Panels, Workshops und Referenten beleuchten dieses Jahr die Kreation, Produktion und Distribution jeder Art von digitalen Bildern – im Kino und Fernsehen ebenso wie im Bereich Games und Mobile Entertainment. Das umfangreiche Programm ist online unter www.fmx.de.

Eine wirklich globale Branche
Das Line-Up kann sich wieder sehen lassen: Die Referentenliste der fmx liest sich auch dieses Jahr wie ein Who is who der Animation – sowohl was die Unternehmen als auch die Redner selbst anbelangt, die ausnahmslos der ersten Reihe angehören. Wie die fmx zeigt, spielt die Musik dabei längst nicht mehr nur in Hollywood. Animation, Effekte und Games werden global auf hohem Niveau produziert – und Unternehmen aus Europa und Asien sind zu gleichberechtigten Playern avanciert. In Stuttgart demonstriert dies beispielsweise die starke Präsenz von Unternehmen wie BUF, Films Action, Mac Guff (Frankreich); Aardman Animations, Double Negative, Framestore; Lionhead (Großbritannien); Crytek, Scanline oder Trixter (Deutschland) sowie eine Reihe mit Anibrain, Prime Focus und Rhythm & Hues India aus Indien.

Games: neue Techniken – neue Welten – starke Emotionen
Die großen A-Produktionen fürs Kino gelten immer noch als das ästhetische und künstlerische Maß der Dinge. Aber die Spieleindustrie macht Boden gut. Schon seit einigen Jahren hat sie die Filmindustrie in puncto Umsatz überholt; durch die bahnbrechenden Entwicklungen im Bereich Echtzeit-Animation nähert sich der Look von Spielen immer mehr dem von Filmen an. Und auch was die emotionale Intensität anbelangt, wollen die Computerspiele nicht hintanstehen. Games sind neben Effekten und Animation das dritte große Thema der fmx/07. Präsentiert wird die Games-Reihe von Jean-Michel Blottière, Chef der französischen Kommunikationsagentur NXPublishing, und von Joseph Olin, Leiter der Academy for Interactive Arts and Sciences und des D.I.C.E. Summit (Design, Innovate, Communicate and Entertain). Das Leitthema der fmx/07 – glaubhafte virtuelle Charaktere – ist hier von besonderer Relevanz. Denn solche Charaktere werden zwar auch im Film eingesetzt, wie zum Beispiel Christophe Hérys Vortrag zu Geisterkapitän Davy Jones aus Fluch der Karibik 2 zeigt. In Computerspielen jedoch hängt alles von ihnen ab. Je menschlicher folglich die Figuren wirken, desto stärkere Identifikation und Spannung können sie bei den Spielern hervorrufen, desto tiefer gehende Emotionen sprechen sie an:
In seiner Keynote “Games, Entertainment, Culture & Commerce” gibt Joseph Olin einen Überblick über die Trends am Spiele-Markt: Welche Genres und Käufergruppen differenzieren sich in diesem sehr dynamischen, aber auch zunehmend segmentierten Business?
Peformance Capture, die nicht nur Bewegungen, sondern auch die Mimik des Schauspielers erfasst, ist nur ein Beispiel für die neuen Wege, die beschritten werden – unter anderem vorgestellt von George Borshukov, der nach seiner Arbeit an The Matrix zur weltweit größten Spielefirma, Electronic Arts, wechselte.
Gilles Monteil, Ubisoft, liefert eine Analyse und präzisere Definition des Begriffs “Emotion” in Spielen. Welche Erwartungen stecken hinter der Forderung “We all want emotion in games!”?
Stéphane Natkin, Leiter der französischen Games-Schule ENJMIN, analysiert Spielertypen aus psychologischer Warte: Nur wer ihren – unterschiedlichen – Bedürfnissen schon im Designprozess gerecht wird, wird auf Dauer Erfolg haben.
Für Torsten Reil, NaturalMotion Ltd, und Chris Williams von einer der weltweit wichtigsten Spielefirmen, LucasArts, hat die Zukunft schon begonnen: Die Software Euphoria basiert auf der an Universität Oxford entwickelten Dynamic Motion Synthesis. Euphoria simuliert die Reaktionen des menschlichen Nervensystems. Die Folge ist eine in Echtzeit bislang unerreichter organischer Fluss der Bewegungen.
Auch Henry LaBounta von Electronic Arts widmet sich in seinem Vortrag den Grundlagen von Bewegung und geht dabei besonders auf Aspekte wie Künstliche Intelligenz/ Autonome Charaktere, Biomechanik und Kinetik ein.
Richard Rouse und Martin Stoltz, Midway Games, wollen vom Kino lernen – um eine neue und eigenständige Sprache für Geschichten in Games zu finden.
Der Autor und Spiele-Designer Lee Sheldon hat unter anderem Agatha Christies Krimi- Klassiker Mord im Orientexpress in ein Computerspiel übersetzt. In “Word into Action: Adapting other Media” erkundet er das Verhältnis zwischen Buchvorlage und dem völlig anders gearteten Medium Computerspiel.
Zum Abschluss der fmx/07 wagt ein Vortragender mit “The Future of Games” den Blick in die Zukunft: Werden Computerspiele das Kino als großer Emotionengenerator ablösen? Matthew Jeffery, Head of European Studio Recruitment, Electronic Arts, ist sich sicher, die Antwort zu kennen …

fmx/review oder Filmemachen interaktiv
Nicht nur die Inhalte sind zunehmend auf interaktive Nutzung ausgelegt. Selbst normale User, aber auch die Filmschaffenden bedienen sich interaktiver Techniken, um in neue Welten einzutauchen. Die neue Reihe fmx/review erkundet die technologischen Umwälzungen der Entertainment-Industrie aus einer übergeordneten sozialen und ästhetischen Perspektive, darunter mit Talks zum neuen Web 2.0, zu den virtuellen Parallelexistenzen in Second Life und World of Warcraft sowie zum Design und der Konzeption interaktiver Communities, beispielsweise im Experience Design. Ein weiterer Vortragsstrang verfolgt die Möglichkeiten und Auswirkungen des digitalen Designs auf die Filmproduktion, darunter Vorträge von Visual Effects Designer Kevin Tod Haug zu Stranger Than Fiction und von Tino Schaedler zur ästhetischen Dimension des digitalen Setbaus. Abgerundet wird die fmx/review von Beiträgen zur kurzen, aber rasanten Geschichte von CGI und zu den aufregenden Möglichkeiten der Performance Capture, einer Weiterentwicklung des Motion-Capture-Verfahrens, die animierte Charaktere und reale Schauspieler auf bislang unerhörte Weise miteinander verschmilzt. Die spektakulären Fortschritte demonstriert auch ein Beitrag von Guillaume de Fondaumière von der französischen Quantic Dream. In Zusammenarbeit mit der Schauspielerin und fmx-Co- Vortragenden Aurélie Bancilhon wurde hier die Latte noch einmal höher gehängt: “Creating Realtime 3D Virtual Actors”.

fmx/technologies oder Alles fließt
Wird Technik organisch? Sieht man sich die aktuellen Entwicklungen genauer an, ist man geneigt, die Frage mit Ja zu beantworten. Die fmx/technologies schauen sehr genau hin. Eine Reihe von Talks am 2. Mai beleuchtet neue Trends und Möglichkeiten an der Schnittstelle von künstlerischer, nicht photorealistischer Animation und den Fantasywelten von Games. Unter anderem mit Vorträgen von Crytek (Frankfurt), die seit Far Cry für eine besonders überzeugende, emotional packende Spielumgebung stehen; von Naturalmotion über ihre Maßstäbe setzende Animations-Engine Morpheme; von Brainpets und der Universität Konstanz zu der Rendering-Software aquaTree für den graphisch-künstlerischen Animationsfilm; von Framestore zum Rendering von haarigen und pelzigen Kreaturen; von Adobe zum ausgesprochen kreativen Editing digitaler Fotos und von Def2Shoot über neue Rendering-Methoden, um den Look von handgezeichneter Animation am Computer zu erzeugen.

Sony Pictures Imageworks

Gleich vier Beiträge von Sony Pictures Imageworks zeugen von der Verbundenheit eines der weltweit führenden VFX-Häuser mit der fmx:
Digital Effects Supervisor Peter Nofz zu den High-End-Effekten für Spider-Man 3
Visual Effects Supervisor Rob Bredow von Surf’s Up zu den ozeanischen Herausforderungen einer surfenden Pinguin-Kolonie
Debbie Denise, Executive Vice President, über das SPI-eigene Performance-Capture- Verfahren Imagemotion™ und seinen Einsatz in dem neuen Film Beowulf
Buzz Hays, Senior Producer, zu “3D Stereoscopic Feature Films” am Beispiel von Der Polarexpress, Monster House und Jagdfieber/Open Season
Ein spektakuläres Screening am Abend des 3. Mai ergänzt die Redebeiträge: die digitale stereoskopische Aufführung von Monster House (Real D 3D).

fmx/forum – massig Klasse

Die überwältigende Resonanz bei den Firmen brachte die Organisatoren beinahe in Nöte – die Praxisreihe fmx/forum, geleitet von Renate Haegele, hat erneut in jeder Hinsicht zugelegt: Die Zahl der Workshops, Hands-On-Trainings, Demos und Vorträge stieg nochmals deutlich. Die Ausstellung fmx/expo musste bis in den Foyer-Bereich des Bertha- Benz-Saals erweitert werden. Etliche neue Partnerfirmen beteiligen sich am Programm von fmx/workshops und fmx/expo, darunter 3DPowerstore, ComBOTS, DVC, Escape Studios, FES Media, IBM, Luxology, MACKEVISION, Massive, Microsoft, Pixar, Schneider Digital, Technocrane, Toon Boom Animation, tvd und VisuMotion. Und schließlich präsentiert sich das Programm auf ausgesprochen hohem Niveau und in maximaler Vielfalt.

Die Workshops umfassen sämtliche relevanten Themen: Visualisierung, Editing, Compositing, Design, Preproduction, Performance Capture, stereoskopische Produktion, Projekt-Management, 2D-Animation, 3D-Animation, HD, Digital Cinema, Games und Technologie. Ergänzt wird diese Palette durch Projektpräsentationen von Filmschulen. Aus den vielen Highlights nochmals eine Highlights-Liste zu erstellen, ist kaum möglich. Stellvertretend genannt seien hier:
das herausragende Workshop-Programm der Main-Partner Adobe und Autodesk in den fmx/suites
Sony Computer Entertainment America zu COLLADA™ – einem neuen applikationsübergreifenden Standard für die Team-Arbeit mit unterschiedlichen 3D-Tools in Production Pipelines
das Master-Class-Training von SOFTIMAGE|XSI
IBM mit “From Gaming to Real-World Application” zur Architektur von Cell BE™ – dem heterogen angelegten Cell Processor, der auch das Kernstück der neuen Sony Playstation 3 bildet
Aurélie Bancilhon, Schauspielerin, über Performance Capture aus der Sicht des Darstellers – eine nähere Betrachtung des in der fmx/review vorgestellten Echtzeit- Projekts von Quantic Dream
das Orange Open Movie Project zur Produktion des ersten CGI-Kurzfilms mit dem Open- Source-Programm Blender