Die Jugendgewalt ist entgegen der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung in den vergangenen zehn Jahren leicht gesunken oder zumindest weitgehend konstant geblieben. Allerdings haben Delikte mit Körperverletzungen zugenommen. Erschreckend: Beinahe jeder siebte Jugendliche in Deutschland ist ausländerfeindlich. Das ergab eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen für das Bundesinnenministerium. Demnach offenbarten 14,4 Prozent der befragten Jugendlichen ein hohes Maß ausländerfeindlicher Einstellungen und 4,9 Prozent der Jungen sowie 2,6 Prozent der Mädchen gaben an, Mitglied einer rechtsextremen Gruppe oder Kameradschaft zu sein.

Erste Ergebnisse der Studie „Jugendliche in Deutschland als Täter und Opfer von Gewalt“ wurden heute von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble, und dem Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V. (KFN), Prof. Dr. Christian Pfeiffer, in Berlin vorgestellt. In diesem Forschungsprojekt sind in 61 zufällig ausgewählten Landkreisen und kreisfreien Städten rund 53.000 Schülerinnen und Schüler der vierten und neunten Jahrgangsstufen befragt worden. Zu dieser vom BMI finanzierten und in den Jahren 2007/ 2008 in der wissenschaftlichen Verantwortung des KFN durchgeführten Schülerbefragung liegt nun ein erster Forschungsbericht vor, der sich primär mit der Jugendgewalt und anderen Formen der Jugenddelinquenz aus der Opfer- wie auch aus der Täterperspektive befasst. Der Abschlussbericht zu diesem Forschungsprojekt wird vom KFN in der zweiten Jahreshälfte 2009 vorgelegt, wobei Schwerpunkte dann insbesondere bei der Kinderdelinquenz, der Integration und den kommunalen Präventionsbemühungen liegen werden.

„Gestützt auf frühere Schülerbefragungen, die vom KFN seit 1998 in zehn Gebieten durchgeführt wurden, und den heute präsentierten Befunden der bundesweiten Datenerhebung können wir breit fundierte Aussagen vorlegen“, erklärte Prof. Dr. Pfeiffer. „Besonders ist dabei hervorzuheben, dass die Jugendgewalt in den seit 1998 untersuchten Städten entgegen der allgemeinen öffentlichen Wahrnehmung überwiegend leicht gesunken oder zumindest weitgehend konstant geblieben ist. Eine deutliche Zunahme ist in einem Teil der Gebiete jedoch bei Körperverletzungsdelikten zu verzeichnen. Die Tatsache, dass die Polizei insgesamt betrachtet steigende Zahlen der Jugendgewalt registriert, steht dazu nicht im Widerspruch. Es hat nämlich auch dank der engagierten Vertrauenswerbung der Polizei an Schulen die Anzeigebereitschaft der jugendlichen Opfer von Gewalttaten deutlich zugenommen.“ Zur Erklärung der insgesamt betrachtet eher positiven Trends verwies Pfeiffer insbesondere auf sinkende Raten innerfamiliärer Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, auf eine steigende Missbilligung der Jugendgewalt durch Gleichaltrige, durch Lehrerinnen und Lehrer und durch die Eltern. Zusätzlich würden die vorliegenden Forschungsergebnisse eindrucksvoll belegen, dass Maßnahmen zur sozialen und schulischen Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund präventive Wirkung entfalten.

Mit großer Sorge, so Pfeiffer, betrachte er allerdings die von den deutschen Jugendlichen berichteten ausländerfeindlichen Einstellungen und Verhaltensweisen. So seien rund 14,4 Prozent der befragten Jugendlichen als „sehr ausländerfeindlich“ einzustufen (19 Prozent der Jungen, 9,6 Prozent der Mädchen). Von den befragten Jungen und Mädchen gaben zudem 4,9 Prozent bzw. 2,6 Prozent an, Mitglieder einer rechtsextremen Gruppe oder Kameradschaft zu sein. Auf antisemitische Einstellungen lassen die Antworten von 6,4 Prozent der Jungen und 2,1 Prozent der Mädchen schließen.