Das Versenden von Warnhinweisen wird nicht nur von den Vertretern der Kreativwirtschaft als effektives Mittel zur Eindämmung des illegalen Filesharings betrachtet: 57 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, dass Personen, die illegal Medieninhalte anbieten oder herunterladen, ihr Handeln nach einer Verwarnung einstellen würden. Bei den aktiven Usern von Filesharing-Diensten gehen sogar 81 Prozent davon aus, dass ein Warnmodell dafür sorgen würde, dass das illegale Anbieten und Herunterladen urheberrechtlich geschützter Inhalte eingestellt wird. Dies ist ein zentrales Ergebnis der neuen Studie zur Digitalen Content-Nutzung (DCN-Studie), die heute vom Bundesverband Musikindustrie e. V. (BVMI), dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) in Berlin vorgestellt wurde.

Die Studie zeigt erstmals in der Gesamtbetrachtung, dass die massenhafte Verbreitung von digitalen Inhalten der Kreativwirtschaft nicht nur die Musikindustrie, sondern auch die Film/TV- und Buchbranche in hohem Maße betrifft. Je nach Inhalt werden dabei unterschiedliche Internetquellen und Nutzungsmöglichkeiten bevorzugt. Zu den klassischen Peer-to-Peer-Netzwerken sind längst diverse andere Formen der illegalen Nutzung hinzugekommen. Dabei sind sich 98 Prozent der Bevölkerung darüber im Klaren, dass die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken nicht erlaubt ist, und 80 Prozent der Bevölkerung wissen, dass das Herunterladen oder Anbieten von urheberrechtlich geschützten Medieninhalten im Internet rechtliche Schritte nach sich ziehen kann.

3,7 Mio. User laden in großen Mengen illegal Medieninhalte herunter
Insgesamt haben laut der aktuellen DCN-Studie 19,9 Mio. Personen im Jahr 2010 Medieninhalte aus dem Internet heruntergeladen oder direkt online als Stream genutzt. Downloads wurden von 14,3 Mio. Personen aus dieser Gruppe getätigt (22 % der Bevölkerung), wobei 10,6 Mio. dieser Downloader ausschließlich auf legale Angebote zurückgreifen und 3,7 Mio. auch illegal Medieninhalte herunterladen. Diese 3,7 Mio. Personen haben allein im letzten Jahr 185 Mio. Musik-Einzeltracks, 46 Mio. Musik-Alben, 6 Mio. Hörbücher, 14 Mio. E-Books, 54 Mio. Spiel- und Kinofilme und 23 Mio. Fernseh- und TV-Serien illegal heruntergeladen. „Eine gute Angebotsstruktur schützt in keiner Branche vor illegalen Downloads: Obwohl es zum Beispiel auch auf dem noch jungen E-Book-Markt von Anfang an große und bekannte legale Download-Angebote wie beispielsweise das Branchenportal libreka! gibt, haben die Nutzer sich über die Hälfte aller heruntergeladenen E-Books illegal beschafft. Das zeigt, wie hoch das Gefährdungspotenzial für die Rechteinhaber ist. Wenn die Bundesregierung nicht bald eine vernünftige Regelung für den Umgang mit Inhalten im Netz findet, wird den Kreativen und ihren Verwertern nach und nach die wirtschaftliche Grundlage entzogen. Das hat dann auch Konsequenzen für die kulturelle Vielfalt in Deutschland“, sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins.

Sharehoster primäre Quelle für illegale Beschaffung von Medieninhalten
Über welche legalen und illegalen Kanäle die Medieninhalte online bevorzugt genutzt oder bezogen werden, variiert je nach Branche: Spiel- und Kinofilme wurden 2010 am häufigsten über illegale Streaming-Portale wie z. B. kino.to genutzt, E-Books werden auffallend häufig via E-Mail getauscht, Fernsehserien werden vorwiegend online legal in Mediatheken gesehen und im Musik-Bereich werden verstärkt Videostreaming-Seiten als am häufigsten genutzte Quelle angegeben. Primäre Quelle für die illegale Beschaffung von Medieninhalten sind Sharehoster wie RapidShare.

Dazu GVU-Geschäftsführer Dr. Matthias Leonardy: „Die Analysen zeigen deutlich: Die Vielfalt an Technologien, die für Urheberrechtsverletzungen missbraucht werden, wächst weiter.“ Gegen solche Rechtsverletzungen gäbe es aber bislang in vielen Fällen keine ausreichenden Instrumente, führt Leonardy weiter aus. Das gelte namentlich ausgerechnet für die bei Raukopierern immer beliebter werdenden Technologien wie das Streaming oder das Usenet. Er ergänzt: „Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf, auch gesetzgeberisch. Unzureichende Rechtsschutzmöglichkeiten und eine nicht abschließend geklärte Rechtslage hinsichtlich der Nutzung illegaler Streamingangebote schaffen geradezu Anreize für die illegale Nutzung fremder Werke durch skrupellose Anbieter, aber auch aufseiten der Nutzer. Das ist schwer erträglich.“

Austauschen kompletter Medienbibliotheken
Externe Festplatten spielen als Speicherplatz für alle Branchen der Kreativwirtschaft eine verhältnismäßig große Rolle. Rund 23 Milliarden Musikstücke, 129 Mio. Hörbücher/Hörspiele, 25 Mio. E-Books, 241 Mio. Spiel-/Kinofilme und 92 Mio. Fernseh-/TV-Serien wurden im Jahr 2010 auf externen Festplatten gespeichert, hinzu kommen die Dateien auf Computer-Festplatten, MP3-Playern, iPods, Handys etc. Neben dem etablierten Brennen von Medieninhalten werden vermehrt komplette Medienbibliotheken getauscht. Insgesamt haben bei der Befragung zur DCN-Studie 17 Prozent der Bevölkerung angegeben, im Jahr 2010 Medieninhalte auf Festplatten getauscht zu haben. Bei den 10- bis 29-Jährigen sind es sogar fast 40 Prozent. „Wenn man bedenkt, dass die kleinsten externen Festplatten heute ein Volumen von rund 100 GB haben, wird klar, dass ein solcher Tausch den Medienbedarf für lange Zeit stillt“, erklärt Dr. Florian Drücke, Geschäftsführer des BVMI.

Mehr als 70 Prozent der Personen, die illegal Musik herunterladen, kaufen keine Musik
73 Prozent der Personen, die ausschließlich illegale Quellen für Musikdownloads benutzen, geben kein Geld für Musik aus. Die übrigen 27 Prozent dieser Gruppe geben im Durchschnitt 18 Euro pro Jahr für physische Produkte aus. „Diese Erkenntnis räumt endlich mit der Mär vom ‚vorhörenden Tauschbörsennutzer‘ auf und zeigt, dass diese hoch netz- und musikaffine Gruppe sich eben doch den Kauf von Musik erspart“, so Florian Drücke, und ergänzt: „Das hohe Unrechtsbewusstsein und die Aussage dieser Gruppe zur Wirksamkeit von sanktionierten Warnhinweisen sollten eine klare Handlungsanweisung an den Gesetzgeber sein.“

Über die Studie zur Digitalen Content-Nutzung
Die von der GfK durchgeführte DCN-Studie wurde in Kooperation zwischen dem Bundesverband Musikindustrie (BVMI), dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) erstellt. Ziele der Untersuchung waren die Analyse des Nutzerverhaltens beim Downloaden, Streamen, Speichern, Kopieren und Aufnehmen von Medieninhalten sowie die Ermittlung der Konsumenteneinstellungen zu Urheberrechtsverletzungen und die Ermittlung der aktuellen Hardware-Bestände von CD-/DVD-Brennern, MP3-Playern und Handys mit MP3-Playern. Befragt wurden innerhalb der GfK Media*Scope 10.000 Personen, die repräsentativ für 63,7 Mio. Deutsche ab zehn Jahren sind.